Effectuation: Scheitern erlaubt
Klassisches Management ist kein idealer Nährboden für Innovationen. Ein Forscherteam um Prof. Malte Brettel aus dem Bereich Entrepreneurship in den Wirtschaftswissenschaften der RWTH Aachen befragte mehr als 500 Manager aus dem Bereich F&E zu ihren letzten Projekten. Das Ergebnis: Je innovativer ein Projekt, desto weniger erfolgreich waren die Befragten mit klassischer Planung und Projektmanagement. Stattdessen empfanden sie hier die offene Herangehensweise nach „Effectuation“ (aus dem Engl.: die Ausführung) als erfolgreicher.
Klassisches Management setzt sich ein Ziel in der Zukunft und legt die einzusetzenden Mittel fest, mit denen dieses Ziel erreicht werden muss. Das funktioniert besonders gut, je höher die Stabilität einer Situation, je planbarer das Umfeld ist. Fehlt die Basis für den klassischen „guten“ Plan, sind belastbare Zukunftsprognosen nicht möglich. Damit gerät die kausale Logik des klassischen Managements ins Straucheln. Mit den Prinzipien von Effectuation können Projektbeteiligte sofort handeln, trotz Ungewissheit. Denn genau das zeichnet Projekte mit einem hohen Innovationsgrad aus, dass dabei der Anteil des Nicht-Berechenbaren und Nicht-Planbaren stets groß ist.
Effectuation lässt sich als Entscheidungslogik beschreiben, mit einer Handvoll intuitiv anzuwendender Prinzipien:
- Starte in der Gegenwart mit dem, was Du hast.
- Lege fest, welcher Verlust erlaubt ist.
- Nutze Zufälle und Ungewissheit.
- Suche Dir Bündnispartner, sie geben Projekten neue Ideen und Impulse.
- Alles, was Du steuernd beeinflussen kannst, brauchst Du nicht vorherzusagen.
Die Prinzipien von Effectuation anzuwenden, kann für Organisationen, Führungskräfte und Mitarbeiter eine Zeit der Umgewöhnung bedeuten. Klassisches Management beispielsweise misst über einen Soll-Ist-Vergleich den Projekterfolg. Scheitern ist dabei weder vorgesehen noch gut angesehen. Bei Effectuation wird diese Option fix einkalkuliert, indem man fragt: Bis wohin ist der Verlust leistbar? Droht eine Überschreitung, bedeutet dies das sofortige (Projekt-)Aus. Was bis zu diesem Zeitpunkt investiert wurde, zählt dabei nicht als Verlust, sondern ist investiert und damit wertvoll. Um zukünftig innerhalb eines Unternehmens nach Effectuation handeln zu können, muss dies auch die Fehlerkultur der Organisation zulassen. Fehler sind, im Rahmen eines vorab definierten Risikos (leistbarer Verlust), integraler Prozessbestandteil und eine wertvolle Lernchance für die Zukunft.
Intrapreneurship, also unternehmerisches Handeln der Einzelnen im Unternehmen zu wecken, die passenden Rahmenbedingungen und Freiräume bereitzustellen, ist deshalb eine der großen Herausforderungen für Unternehmen und Führungskräfte. Effectuation ist dafür ein überaus nützliches Tool, um mit der unternehmenseigenen Innovationskraft erfolgreich die Zukunft mitzugestalten.
Uwe Techt, Speaker, Autor und Geschäftsführer der VISTEM GmbH, https://uwetecht.de/
Workshop der IHK Kassel-Marburg mit Uwe Techt: „Effectuation“, 13.8.2018 und 10.05.2019
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