Warum etablierte Unternehmen Startups brauchen und umgekehrt
Ein paar frische Brezel und kühle Getränke – auch an diesem Mittwochabend treffen sich junge Unternehmer und gestandene Führungskräfte über den Dächern der Frankfurter Innenstadt und diskutieren über die digitale Zukunft. Die Manager und Jungunternehmer sind hier nicht zum Small Talk auf einer After-Work-Party, sondern bei einem Matchmaking-Event in Frankfurt, um konkrete nächste Schritte für die gemeinsame digitale Zukunft zu diskutieren. Diese Unternehmer haben erkannt, wie sehr sich Kooperationen zwischen Startups und etablierten Unternehmen für alle Beteiligten auszahlen können. Der Markt boomt: immer mehr Unternehmen und Multiplikatoren wie die Industrie– und Handelskammern, Wirtschaftsförderungen und private sowie städtische Gründerzentren rufen solche Plattformen ins Leben, um den branchenspezifischen Austausch zwischen Technologieanbietern und –anwendern zu gewährleisten.
Um bei der digitalen Transformation mithalten zu können, müssen Unternehmen schnelle und effiziente Wege finden, ihr Geschäftsmodell und ihre Geschäfts– und Produktionsprozesse an die neuen Anforderungen und Möglichkeiten der digitalen Wirtschaft anzupassen. Ob Open Innovation Plattformen, Forschungskooperationen mit Hochschulen oder Joint Ventures mit Technologiezulieferern – es gibt viele Möglichkeiten, externe Impulse zu bekommen. Die meisten sind jedoch aufwändig und kostenintensiv und meist nur von großen Unternehmen zu stemmen. Zusätzlich setzen immer häufiger auch mittelständische Unternehmen auf projektbasierte oder strategische Partnerschaften mit jungen, innovativen Startups. Etablierte Unternehmen sind sich der Vorteile solcher Kooperationen durchaus bewusst – insbesondere in Zeiten schneller Entwicklungszyklen und der rasant voranschreitenden Digitalisierung.
Drei Gründe, warum etablierte Unternehmen mit Startups kooperieren sollten
- Am Puls der Zeit
Große Unternehmen sind eher schwerfällig, wenn es um Änderungen und Anpassungen ihrer Forschungs– und Entwicklungsstrategie geht. Indem Unternehmen mit Startups kooperieren und teilweise ganz übernehmen, kaufen sie zugleich deren Dynamik und Methodik ein. Darüber hinaus sind Startups in der Gründerszene gut vernetzt und kennen zukunftsweisende Trends.
- Schnellere Umsetzung
Startups haben meist nicht mehr als ein Dutzend Mitarbeiter. Das macht sie schnell und umsetzungsstark. Genau darauf kommt es an, wenn es um Innovationen geht. Etablierte Unternehmen sind aufgrund von Hierarchien und langen Entscheidungswegen nur schwer in der Lage, Innovationsprozesse konsequent umzusetzen. Die Wahl des richtigen Kooperationspartners beschleunigt Innovationsprozesse und sichert die Zukunft.
- Out of the box
Die notwendigen festen Strukturen in großen Unternehmen nehmen ihren Mitarbeitern bisweilen Motivation und Kreativität. Startup-Teams sorgen mit ihrer agilen Arbeitsweise und ihrer offenen, dynamischen Kultur für einen frischen Wind im Unternehmen. Für Unternehmen bietet es die Gelegenheit, außerhalb der gewohnten Silos und Gedankenstrukturen kreativ Ideen zu entwickeln. Nicht selten finden etablierte Unternehmen auf diesem Wege auch neue kompetente und hochmotivierte Mitarbeiter.
Drei Gründe, warum Startups mit etablierten Unternehmen zusammenarbeiten sollten
- Startkapital
Um sich auf ihr Kerngeschäft zu fokussieren benötigen Startups insbesondere zu Beginn der Unternehmung ausreichendes Startkapital. Im Rahmen eines ersten Projektes kann das Startup wichtige Erfahrungen sammeln und zudem das erste Geld verdienen. Auch ein materielles Investment wie Arbeitsplätze und Serverkapazitäten hilft den jungen Unternehmen, sich auf ihre Geschäftsidee, die Entwicklung und den Vertrieb zu konzentrieren.
- Feedback
Die agile Vorgehensweise vieler Startups basiert auf iterativen Projektphasen, bei denen insbesondere das Kunden– und Marktfeedback einen hohen Stellenwert hat. Mentoring durch erfahre Fach– und Führungskräfte und die Möglichkeit, eigene Prototypen unternehmensintern unter quasi-realen Marktbedingungen schnell zu testen, sind wertvoll. Dies hilft auch bei der Gewinnung von externen Investoren, die vor allen Dingen auf die Kunden des Startups achten.
- Offene Türen
Etablierte Unternehmen können einen schnellen Zugang zu Märkten mit hohen Markteintrittsbarrieren liefern. Sie blicken teilweise auf jahrzehntelange Geschäftsbeziehungen mit Lieferanten und Kunden zurück und können so dem jungen Partner den Zugang zu ihrem Netzwerk erleichtern.
Von der Theorie in die Praxis – Frankfurt Forward
Es muss nicht immer das Silicon Valley oder Tel Aviv sein, um Geschichten von erfolgreichen Startups zu finden. Auch in der Region FrankfurtRheinMain tut sich einiges zwischen etablierten Unternehmen und Startups. Unter der Federführung des Wirtschaftsdezernats und im Rahmen des Masterplans Industrie wurde 2015 ein deutschlandweit einzigartiges Projekt realisiert: Frankfurt Forward. Das Projekt hat sich zum Ziel gemacht, etablierte Frankfurter Industrieunternehmen mit jungen Startups branchenübergreifend zu vernetzen und aktiv den Austausch von Wissen, Technologien und Erfahrungen aus den beiden Welten zu fördern. Einzigartig war auch, dass dieser Austausch auf oberster Ebenen, daher unter den Geschäftsführern und Vorständen, stattfand.
So entwickelten die Fraport AG mit dem Startup Candylabs Lösungen, die das Kundenerlebnis und die Orientierung der Passagiere am Flughafen verbessern. Die Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main bot ihren Mitgliedern ein „Startup for a day“, um erste Schritte im Bereich Social Media zu gehen.
„Startups meet Corporates“ im Rahmen des eHealth-Kongresses Hessen und Rhein-Main
08.08.2018 IHK Frankfurt am Main
Autor: Christian W. Jakob, www.cwjakob.com