Besser Kommunizieren mit Videokonferenzen?
Wir erinnern uns: Den März 2020 benötigten Unternehmen dazu, die technischen Voraussetzungen für das Homeoffice einzurichten. Dann wurden aus dem, was zahlreiche Unternehmen vor 3 Monaten bisher noch skeptisch beäugt hatten, eine Selbstverständlichkeit: Meetings, Konferenzen und immer häufiger auch Workshops werden als Videokonferenz durchgeführt.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit der Software-Bedienung, Ausrüstung der Hardware und Einrichtung des Heimarbeitsplatzes werden Kollegen und Mitarbeiter immer sicherer im Umgang mit den Werkzeugen von Videokonferenzen. Man könnte sagen: “Es läuft.”
Nachricht richtig interpretieren
Doch wer den ganzen Tag in Videokonferenzen war, wird schnell feststellen, dass das gleiche Pensum im Büro weniger anstrengend ist. Denn die neue Art der Geschäftskommunikation benötigt eine höhere Aufmerksamkeit. Das hat damit zu tun, dass wir es als soziale Lebewesen gewohnt sind, Signale wie Mimik, Gestik oder auch Intonation zusätzlich zum Inhalt des gesprochenen Wortes unbewusst zu interpretieren. Erst durch ihre Kombination können wir die “wahre” Nachricht ableiten.
Kann nun eines der Signale aufgrund der Übertragung (Videokonferenz) nicht so gut gedeutet werden, müssen wir uns stärker konzentrieren und unser Gehirn muss mehr Energie aufwenden, um die Nachricht zu entschlüsseln. Die drei folgenden Beispiele verdeutlichen das:
Meeting mit Darth Vader
Ich erlebe momentan, dass Teilnehmer immer häufiger ihre Kamera ausstellen. Angezeigt werden die Profilfotos, falls diese vorhanden sind. Schlimmer jedoch als kein Profilfoto sind Avatarbilder, die im privaten Modus sicher lustig sind. Nur wer möchte im Geschäftskontext ein Meeting mit Darth Vader oder Bart Simpson haben? Sieht der Sprecher zudem die anderen Teilnehmer nicht, moderiert er quasi in ein schwarzes Loch hinein – ohne visuelle, soziale Interaktion. Er muss sich deutlich mehr anstrengen und kann die Reaktion der Teilnehmer schlecht deuten. Das Meeting wird ineffektiver. Schaffen Sie daher Erkenntnis und stellen Sie einen Verhaltenskodex mit ihrem Team auf, so dass Mitarbeiter nach Möglichkeit die Videokamera anschalten aber mindesten ein Profilfoto verwenden.
Der indianische Sprechstein
In der Diskussion ohne Videokonferenz erkennen wir aufgrund der Mimik und der Stimmlage, wann ein Beitrag in einer Diskussion sich dem Ende neigt. In der Videokonferenz ist das schwieriger. Es wird sich daher häufiger ins Wort gefallen – ohne Absicht natürlich. Auf die Dauer kann das sehr kräftezehrend sein. Vereinbaren Sie daher ein Wort oder eine Geste, die anzeigt, wann der Wortbeitrag zu Ende ist. So können Sie einen Gegenstand in die Kamera halten solange Sie sprechen – ganz ähnlich wie der Sprechstein bei Indianern.
Weniger ist mehr
Herkömmliche Meetings und Termine wurden früher für 60 – 90 Minuten vereinbart. Selbst nach dieser Zeit fühlten sich die Teilnehmer noch fit im Büro. Videokonferenzen hingegen (ver-) brauchen mehr geistige Aufmerksamkeit. Die technische Barriere und die dadurch entstehenden mangelnde Interpretationsmöglichkeiten in der Kommunikation sind der Grund dafür. Reduzieren Sie daher Videokonferenzen auf maximal 30 – 45 Minuten, damit die Teilnehmenden Ergebnisse verarbeiten können oder Zeit für eine Biopause bis zum nächsten Meeting haben.
Retrospektiven mit dem Team
Unternehmen haben erkannt, dass aus der Notwendigkeit von Videokonferenzen ein Potenzial entstanden ist. Sie werden aus dem Geschäftsalltag nicht mehr wegzudenken sein. Als wichtiger Teil der Unternehmenskultur sollte das Durchführen von Videokonferenzen daher eine besondere Wertschätzung erfahren, damit sich gerade jetzt schlechte Gewohnheiten nicht einschleifen. Trainings, Best Practices aber auch die gemeinsame Entwicklung eines Verhaltenskodex gehören dazu.
Wem das zu lange dauert kann im Kleinen sofort beginnen: Wie in der agilen Software-Entwicklung, empfiehlt es sich von Zeit zu Zeit eine sogenannte Retrospektive durchzuführen. Ganz nach dem Motto:
- Was läuft gut bei unseren Videokonferenzen?
- Was können wir einfach und schnell verbessern?
- Was wäre ideal für alle Teilnehmer?
Weitere Tipps
- Retrospektiven durchführen mit dem Retromat
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Jens Bothmer, Innovationsberater im Rhein Main Gebiet und Trainer bei IHK Hessen innovativ. Seine Schwerpunkte sind Design Thinking, Digitale Collaboration und Change Management.