Neues einheitliches Patentsystem in der Europäischen Union gestartet

Neben dem natio­na­len Patent­sys­tem gibt es in Europa seit den 1970er-​​Jahren auch ein euro­päi­sches Patent­sys­tem. Inner­halb die­ses Sys­tems gibt es zwei Schutz­op­tio­nen: das eta­blierte Euro­päi­sche Patent, bei dem Anmel­der den ter­ri­to­ria­len Schutz­be­reich auf bis zu 39 teil­neh­men­den Staa­ten indi­vi­du­ell gestal­ten kön­nen, und nun auch ein neues euro­päi­sches Patent mit ein­heit­li­cher Wir­kung in zunächst 17 EU-​​Mitgliedstaaten, das sog. Ein­heits­pa­tent.

Beim eta­blier­ten Euro­päi­schen Patent han­delt es sich nicht um ein ein­zi­ges Patent, son­dern im Grunde um ein Bün­del natio­na­ler Patente – ledig­lich die Anmel­dung und das Ver­fah­ren zur Ertei­lung erfol­gen zen­tral beim Euro­päi­schen Patent­amt (EPA). Mit dem neuen ein­heit­li­chen Patent­sys­tem, zu dem ein neues Ein­heits­pa­tent und ein neues Ein­heit­li­ches Patent­ge­richt (EPG) gehö­ren, gibt es auf EU-​​Ebene erst­mals einen ein­heit­li­chen Patent­schutz samt ein­heit­li­chem Gerichts­sys­tem.

Mit dem neuen ein­heit­li­che Patent­sys­tem, das am 1. Juni 2023 offi­zi­ell gestar­tet ist, soll es Unter­neh­men erleich­tert wer­den, ihre Inno­va­tio­nen in Europa zu schüt­zen und ihr geis­ti­ges Eigen­tum zu nut­zen. Es bie­tet einen ein­heit­li­chen Schutz in allen teil­neh­men­den Mit­glied­staa­ten und ver­ein­facht die Ver­fah­ren zur Anmel­dung und Durch­set­zung von Paten­ten. Neben dem ver­rin­ger­ten Ver­wal­tungs­auf­wand pro­fi­tie­ren Unter­neh­men auch von einer erheb­li­chen Kos­ten­re­duk­tion für die Auf­recht­er­hal­tung des ein­heit­li­chen Patent­schut­zes und die Durch­set­zung ihrer Rechte.

Das neue Ein­heits­pa­tent
Das Ein­heits­pa­tent stellt einen „One-​​Stop-​​Shop“ für die Regis­trie­rung und Durch­set­zung von Paten­ten zur Ver­fü­gung. Ziel ist es, die Kos­ten und büro­kra­ti­schen Belas­tun­gen vor allem für KMU zu redu­zie­ren. Es wird nicht mehr not­wen­dig sein, sich in den kom­ple­xen Rege­lun­gen von natio­na­len Patent­ge­set­zen und Patent­ver­fah­ren zurecht­zu­fin­den. Die ver­schie­de­nen natio­na­len Vali­die­rungs­for­ma­li­tä­ten, wie die Über­set­zung in eine Lan­des­spra­che, sowie die Zah­lung von Jah­res­ge­büh­ren in jedem Land, für das der Schutz bean­tragt wird, ent­fal­len.
Erhal­ten kann man das Ein­heits­pa­tent durch einen Antrag auf ein­heit­li­che Wir­kung beim Euro­päi­schen Patent­amt, nach­dem ein Euro­päi­sches Patent gemäß den beste­hen­den Regeln des Euro­päi­schen Patent­über­ein­kom­mens (EPÜ) erteilt wurde. Die Kos­ten für die Auf­recht­er­hal­tung eines ein­heit­li­chen Patents für eine durch­schnitt­li­che Pat­ent­lauf­zeit von zehn Jah­ren betra­gen rund 5000 EUR, was bis zu sechs­mal nied­ri­ger ist als die der­zei­ti­gen Kos­ten für einen gleich­wer­ti­gen Schutz.

Das Ein­heit­li­che Patent­ge­richt
Das neue Ein­heit­li­che Patent­ge­richt besitzt eine Zustän­dig­keit bezüg­lich Fra­gen der Rechts­gül­tig­keit und der Ver­let­zung von EU-​​Einheitspatenten sowie von klas­si­schen Euro­päi­schen Paten­ten. Mit dem Ein­heit­li­chen Patent­ge­richt soll es Unter­neh­men ermög­licht
wer­den, ihre Patent­rechte effek­ti­ver durch­zu­set­zen. Eine ein­zige Klage vor dem Ein­heit­li­chen Patent­ge­richt wird meh­rere par­al­lele Ver­fah­ren vor natio­na­len Gerich­ten erset­zen. Dadurch wird die zen­tra­li­sierte Streit­bei­le­gung vor dem neuen Ein­heit­li­chen Patent­ge­richt kos­ten­güns­ti­ger, weni­ger auf­wen­dig und recht­lich siche­rer sein als die Durch­füh­rung par­al­le­ler Ver­fah­ren vor meh­re­ren natio­na­len Gerich­ten. Der Mög­lich­keit der flä­chen­de­cken­den Durch­set­zung durch ein ein­zi­ges Ver­fah­ren steht zugleich das Risiko ent­ge­gen, dass das Ein­heits­pa­tent oder das Euro­päi­sche Patent auch in einem ein­zi­gen Ver­fah­ren für das gesamte Zustän­dig­keits­ge­biet des Ein­heit­li­chen Patent­ge­richts für nich­tig
erklärt wer­den kann. Daher könnte der Dop­pel­schutz in Kom­bi­na­tion mit einem natio­na­len Patent in Deutsch­land sinn­voll sein.

Wel­che EU-​​Länder betei­li­gen sich zur­zeit an dem neuen ein­heit­li­chen Patent­sys­tem
Zunächst wer­den 17 Mit­glied­staa­ten, die das am 1. Juni 2023 in Kraft getre­tene Über­ein­kom­men über ein Ein­heit­li­ches Patent­ge­richt (EPGÜ) bereits rati­fi­ziert haben, am Ein­heits­pa­tent und am Ein­heit­li­chen Patent­ge­richt, einem inter­na­tio­na­len Gericht, teil­neh­men.
Dazu gehö­ren Bel­gien, Bul­ga­rien, Däne­mark, Deutsch­land, Est­land, Finn­land, Frank­reich, Ita­lien, Lett­land, Litauen, Luxem­burg, Malta, die Nie­der­lande, Öster­reich, Por­tu­gal, Schwe­den und Slo­we­nien. Wei­tere EU-​​Mitgliedstaaten kön­nen in der Zukunft hin­zu­kom­men. Im Ver­gleich kann hin­ge­gen das Euro­päi­sche Patent auch in Staa­ten gel­ten, die zwar keine Mit­glie­der der EU sind, jedoch Mit­glie­der des Euro­päi­schen Patent­über­ein­kom­mens. Stand Juli
2023 sind das insg. 39 Staa­ten, u.a. die Schweiz, Nor­we­gen, Tür­kei.

Sie benö­ti­gen Unter­stüt­zung?
Wei­ter­füh­rende Infor­ma­tio­nen zum neuen ein­heit­li­chen Patent­sys­tem hat das DPMA in einem Bei­trag zusam­men­ge­stellt. Ori­en­tie­rung und Bera­tung bie­tet dar­über hin­aus das Patent– und Mar­ken­zen­trum in Darm­stadt sowie die regio­na­len Bera­ter der IHK Hes­sen inno­va­tiv.
Mel­den Sie sich gern auch für unsere kos­ten­freien Pat­ent­sprech­tage in Ihrer Region, wo Sie Ihre Fra­gen in einem 4-​​Augen-​​Gespräch mit einem Exper­ten ver­tie­fen kön­nen.

Sie suchen För­de­rung für den Schutz Ihres geis­ti­gen Eigen­tums?
Mit den Pro­gram­men WIPANO und KMU Fonds 2023 ste­hen Ihnen zwei eta­blierte För­der­pro­gramme zur Ver­fü­gung – gern bera­ten wir Sie zu den Vor­aus­set­zun­gen und dem Antrags­ver­fah­ren.

Auto­rin: Velina Schmitz, IHK Darm­stadt
Quel­len: Euro­päi­sche Kom­mis­sion, DIHK, DPMA