Neue Haftungsvorschriften für Produkte und künstliche Intelligenz

Die EU-​​Kommission hat zwei Vor­schläge zur Haf­tung für Pro­dukte und künst­li­che Intel­li­genz vor­ge­legt. Ziel ist es, die Haf­tung für feh­ler­hafte Pro­dukte zu moder­ni­sie­ren. Ein­her geht hier­mit eine Haf­tungs­ver­schär­fung zulas­ten der Unter­neh­men. Außer­dem schlägt die Kom­mis­sion mit dem Ent­wurf einer Richt­li­nie für die Haf­tung für künst­li­che Intel­li­genz (KI) eine Har­mo­ni­sie­rung in Bezug auf bestimmte Aspekte der Bewei­ser­leich­te­rung vor.

 

Ent­wurf Pro­dukt­haf­tungs­richt­li­nie

Die Pro­dukt­haf­tungs­richt­li­nie soll nicht nur – wie bis­her – für beweg­li­che Sachen und Elek­tri­zi­tät gel­ten, son­dern auch für Soft­ware und KI-​​Systeme, z. B. für Pro­dukte wie Robo­ter, Droh­nen, Smart-​​Home-​​Systeme oder Schwach­stel­len im Bereich der Cyber­si­cher­heit.

  • Es liegt wei­ter­hin ein Feh­ler vor, wenn die berech­tig­ten Sicher­heits­er­war­tun­gen des Ver­brau­chers nicht erfüllt wer­den. Bei der Frage der Feh­ler­haf­tig­keit wer­den künf­tig jedoch zusätz­lich auch Aspekte der „Ver­net­zung“, der „selbst­ler­nen­den Funk­tio­nen“ sowie die Anfor­de­run­gen an die Cyber­si­cher­heit zu berück­sich­ti­gen sein.
  • Die Haf­tung besteht über den Zeit­punkt des Inver­kehr­brin­gens hin­aus, wenn der Feh­ler auf ver­bun­dene Dienst­leis­tun­gen oder feh­ler­hafte Soft­ware oder feh­lende Updates zurück­zu­füh­ren ist.
  • Es haf­ten wei­ter­hin der Her­stel­ler, der Quasi-​​Hersteller und der Impor­teur. Pro­dukt­haf­tungs­an­sprü­che sol­len sich zusätz­lich, aber auch gegen den Her­stel­ler einer Kom­po­nente des Pro­duk­tes und – soweit der Her­stel­ler sei­nen Sitz außer­halb der EU hat – auch gegen den Bevoll­mäch­tig­ten des Her­stel­lers in der EU und gegen den Fulfilment-​​Dienstleister rich­ten kön­nen. Ver­ant­wort­lich soll auch der Händ­ler sein, soweit der Händ­ler den Her­stel­ler oder Zulie­fe­rer des Pro­dukts nicht benen­nen kann.
  • Der Anspruchs­geg­ner kann mit gericht­li­cher Ver­fü­gung in bestimm­ten Gren­zen ver­pflich­tet wer­den, in sei­nem Besitz befind­li­che Beweis­mit­tel offen­zu­le­gen.
  • Die Feh­ler­haf­tig­keit des Pro­dukts wird ver­mu­tet, wenn der Beklagte Beweis­mit­tel nicht vor­legt. Diese Ver­mu­tungs­re­gel greift auch, wenn der Klä­ger nach­wei­sen kann, dass das Pro­dukt zwin­gen­den Sicher­heits­an­for­de­run­gen nicht ent­spricht oder dass der Scha­den durch eine offen­sicht­li­che Fehl­funk­tion des Pro­dukts bei nor­ma­lem Gebrauch oder unter gewöhn­li­chen Umstän­den ent­stan­den ist. Abge­senkt wer­den die Anfor­de­run­gen an die Beweis­last auch in den Fäl­len, in denen der Klä­ger auf­grund der tech­ni­schen oder wis­sen­schaft­li­chen Kom­ple­xi­tät des Pro­dukts erheb­li­che Schwie­rig­kei­ten hat, die Feh­ler­haf­tig­keit oder den Kau­sal­zu­sam­men­hang nach­zu­wei­sen.
  • Der Haf­tungs­höchst­be­trag (85 Mio. Euro) und die Selbst­be­tei­li­gung bei Sach­schä­den (500 Euro) ent­fal­len.

 

Ent­wurf Richt­li­nie über KI-​​Haftung

Die Richt­li­nie gilt für außer­ver­trag­li­che zivil­recht­li­che Ansprü­che auf Ersatz von Schä­den, die durch ein KI-​​System ver­ur­sacht wur­den, wenn sol­che Ansprü­che im Rah­men der Rege­lun­gen über die ver­schul­dens­ab­hän­gige Haf­tung gel­tend gemacht wer­den. Vor­ge­se­hen ist eine Min­dest­har­mo­ni­sie­rung in zwei Berei­chen:

  1. Ein Gericht kann die Offen­le­gung ein­schlä­gi­ger Beweis­mit­tel für bestimmte Hochrisiko-​​KI-​​Systeme anord­nen, wenn eine gewisse Wahr­schein­lich­keit für den Kau­sal­zu­sam­men­hang spricht. Zur Stüt­zung sei­nes Antrags muss der poten­zi­elle Klä­ger die Plau­si­bi­li­tät sei­nes Scha­dens­er­satz­an­spruchs durch die Vor­lage von Tat­sa­chen und Beweis­mit­teln aus­rei­chend bele­gen. Kommt ein Beklag­ter der Offen­le­gungs­pflicht nicht nach, so wird wider­leg­bar ver­mu­tet, dass der Beklagte gegen seine ein­schlä­gige Sorg­falts­pflicht ver­sto­ßen hat (Art. 3 Abs. 5).
  2. Vor­ge­schla­gen wird zum ande­ren eine Kau­sa­li­täts­ver­mu­tung in Art. 4 Abs. 1: Kann der Klä­ger nach­wei­sen, dass der Beklagte für die Nicht­ein­hal­tung einer bestimm­ten für den Scha­den rele­van­ten Ver­pflich­tung ver­ant­wort­lich war und dass ein ursäch­li­cher Zusam­men­hang mit der KI-​​Leistung nach ver­nünf­ti­gem Ermes­sen wahr­schein­lich ist, kann das Gericht unter bestimm­ten Bedin­gun­gen davon aus­ge­hen, dass diese Nicht­ein­hal­tung den Scha­den ver­ur­sacht hat. Der Beklagte kann diese Ver­mu­tung wider­le­gen (z. B. durch den Nach­weis, dass der Scha­den eine andere Ursa­che hatte).

Im Gegen­satz zum Ent­wurf zur Pro­dukt­haf­tungs­richt­li­nie kom­men nicht nur natür­li­che Per­so­nen, son­dern auch Unter­neh­men als Opfer und damit als poten­zi­elle Klä­ger in Betracht.

 

Quelle: Michael Diet­zsch, IHK Hes­sen inno­va­tiv