Medizinprodukteverordnung (MDR) … und plötzlich ist alles anders
Die Schweiz ist Heimat vieler Medizinproduktehersteller. Durch ein Abkommen hatten diese Hersteller den gleichen Status, wie ihre Wettbewerber in der EU. Seit dem 26. Mai, dem Tag an dem die MDR gültig und wirksam wurde, nicht mehr. Das institutionelle Abkommen, das eine gegenseitige Anerkennung zwischen der EU und der Schweiz regelt, ist hinfällig. Da eine Neuregelung des entsprechenden Teils des Mutual Recognition Agreements nicht rechtzeitig abgeschlossen wurde, stehen für Hersteller, die über ein Zertifikat von einer Schweizer Benannten Stelle (notified body) verfügen, Probleme ins Haus, denn die Schweiz hat nun nur noch den Status eines Drittstaates.
Hersteller mit Sitz in der Schweiz müssen jetzt einen Bevollmächtigten in der EU benennen. Dieser muss mit Namen und Anschrift in die EUMED-Datenbank eingetragen werden.
Da selbst bestehende Zertifikate von Schweizer benannten Stellen nicht mehr anerkannt werden, müssen die Konformitätsbeurteilungsverfahren nochmals durch eine Benannte Stelle in der EU durchlaufen werden.
Für Hersteller in der EU, die Medizinprodukte in die Schweiz liefern, ändert sich dagegen nichts. Die Schweiz hat sieben Tage bevor die MDR ihre Gültigkeit erlangt hat im Eilverfahren eine Verordnung erlassen, nach der die Schweiz einseitig die EU-Konformitätsbewertungen anerkennt, wodurch MDR-konforme Medizinprodukte weiterhin in Verkehr gebracht werden können. Allerdings müssen Hersteller von außerhalb der Schweiz Bevollmächtigte für jede Produktgruppe benennen. Dabei gelten folgende Übergangsfristen:
- für Produkte der Klasse III, implantierbare Produkte der Klasse IIb und aktive implantierbare Medizinprodukte: 31. Dezember 2021
- für nicht implantierbare Produkte der Klasse IIb und Produkte der Klasse IIa: 31. März 2022
- für Produkte der Klasse I: 31. Juli 2022
Für in der EU ansässige Händler kommt es u. U. zu einem Rollenwechsel. Statt Händler eines Produkts, das bereits für das Inverkehrbringen auf dem EU-Markt zugelassen und gekennzeichnet ist, finden sie sich plötzlich in der Rolle eines Importeurs wieder. Das ist mit einem weiteren Rahmen an Pflichten und Haftungsrisiken verbunden.
Michael Dietzsch, Regionalberater Kassel