Der Umgang von Familienunternehmen mit der Coronakrise

Viele Fami­li­en­un­ter­neh­men stan­den zum Beginn der Coro­na­krise ver­hält­nis­mä­ßig unvor­be­rei­tet da und muss­ten kurz­fris­tig ihre Wert­schöp­fungs­struk­tu­ren über­den­ken und eta­blierte Pro­zesse und Struk­tu­ren teil­weise stark ver­än­dern. Hilfe bekom­men sie dabei auch aus der Wis­sen­schaft.

Unter Lei­tung von. Prof. Dr. Tho­mas Clauß von der Uni­ver­si­tät Witten/​Herdecke und Prof. Dr. Dr. Sascha Kraus von der Dur­ham Uni­ver­sity wurde die Stu­die „The eco­no­mics of COVID-​​19: Initial empi­ri­cal evi­dence on how family firms in five Euro­pean coun­tries cope with the corona cri­sis” durch­ge­führt. Die Stu­die ist die erste ver­öf­fent­lichte empi­ri­sche Stu­die zum Umgang von Fami­li­en­un­ter­neh­men mit der Coro­na­krise und erschien in der renom­mier­ten inter­na­tio­na­len Fach­zeit­schrift „Inter­na­tio­nal Jour­nal of Entre­pre­neu­rial Beha­vior & Rese­arch“.

Die Stu­die unter­sucht die Aus­wir­kun­gen und damit ein­her­ge­hen­den Trans­for­ma­ti­ons­pro­zesse von Fami­li­en­un­ter­neh­men in der Coro­na­krise. Die Daten­er­he­bung hat unmit­tel­bar nach dem Lock­down in fünf euro­päi­schen Län­dern im Zeit­raum vom 26. März bis zum 10. April 2020 statt­ge­fun­den. Sie basiert auf 27 Inter­views mit Geschäfts­füh­rern von Fami­li­en­un­ter­neh­men in fünf euro­päi­schen Län­dern (Deutsch­land, Schweiz, Öster­reich, Ita­lien, Liech­ten­stein). Es wur­den Unter­neh­men ver­schie­de­ner Größe (3 – 3.800 Mit­ar­bei­ter), ver­schie­de­nen Alters (2 – 275 Jahre) und ver­schie­de­ner Bran­chen (z.B. Maschi­nen­bau, Finanz­dienst­leis­ter, Land­wirt­schaft, Gas­tro­no­mie, Logis­tik, Auto­mo­bil und Spiel­zeug) befragt.

 

Aus den Daten­er­he­bun­gen konnte das For­scher­team kurz­fris­tige Hand­lungs­emp­feh­lun­gen für Fami­li­en­un­ter­neh­men ablei­ten:

  1. Die Stu­die emp­fiehlt, dass Unter­neh­men Kri­sen­stäbe eta­blie­ren, die die dyna­mi­sche Lage stets im Blick haben und Ver­än­de­run­gen inner­halb der Orga­ni­sa­tion kom­mu­ni­zie­ren und die Maß­nah­men ansto­ßen.
  2. Wich­tig sei zudem die Liqui­di­täts­si­che­rung durch Gesprä­che mit Geld­ge­bern, die Nut­zung von Unter­stüt­zungs­pro­gram­men sowie die Rück­stel­lun­gen von Inves­ti­tio­nen oder, wenn nicht anders mög­lich, die Kurz­ar­beit.
  3. Auch soll­ten inno­va­tive For­men der Arbeits­or­ga­ni­sa­tion umge­setzt wer­den, wie die Orga­ni­sa­tion auch admi­nis­tra­ti­ver Pro­zesse in Schich­ten, die räum­li­chen Tren­nun­gen von Mit­ar­bei­ten­den sowie die Ver­la­ge­rung ins Home­of­fice.
  4. Unter­neh­men soll­ten pro­ak­tive, aktu­elle und bila­te­rale Kom­mu­ni­ka­tion mit allen Mit­ar­bei­ten­den mit­tels geeig­ne­ter Kanäle (Intra– und Inter­net, Pod­cast, Hot­lines etc.) betrei­ben.
  5. Unter­neh­men soll­ten prü­fen, ob das grund­le­gende Geschäfts­mo­dell tem­po­rär ange­passt wer­den kann. So nut­zen bei­spiels­weise viele Unter­neh­men unge­nutzte Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten zur Her­stel­lung sys­tem­re­le­van­ter Güter wie Mund-​​Nase-​​Masken oder Beat­mungs­ge­rä­ten. Dienst­leis­ter bie­ten vir­tu­elle Bera­tun­gen und Webi­nare an, und Gas­tro­no­men ver­kau­fen Spei­sen in Kon­ser­ven oder als Take-​​Away-​​Lösungen.

 

Neben die­sen kurz­fris­ti­gen Maß­nah­men, iden­ti­fi­zie­ren die Wis­sen­schaft­ler auch lang­fris­tige Maß­nah­men, mit denen Unter­neh­men sogar wach­sen und für die Zukunft ler­nen könn­ten:

  1. Die Krise zeige schon jetzt, dass der Zusam­men­halt und die Soli­da­ri­tät gestie­gen sei und Ent­schei­de­rin­nen und Ent­schei­der in Unter­neh­men lang­fris­tig daran arbei­ten soll­ten, diese Kul­tur zu för­dern.
  2. Emp­foh­len wird zudem, den not­wen­di­gen aktu­el­len Digi­ta­li­sie­rungs­schub wei­ter zu for­cie­ren, da häu­fig bereits vor­han­dene digi­tale Tools nun genutzt wer­den müs­sen und deren Leis­tungs­fä­hig­keit den betei­lig­ten Akteu­ren deut­lich wird.
  3. Auch bestehe die Not­wen­dig­keit und Zeit, Unter­neh­mens­pro­zesse kri­tisch zu reflek­tie­ren und Inef­fi­zi­en­zen sowie Schwach­stel­len zu erken­nen. Dar­aus erge­ben sich Chan­cen, das Unter­neh­men lang­fris­tig zu ver­schlan­ken und Geschäfts­mo­delle zu inno­vie­ren.

 

Bei ver­tief­tem Inter­esse fin­den Sie die Stu­di­en­er­geb­nisse hier.

 

Prof. Dr. Tho­mas Clauß, Univ. Witten/​Herdecke