Circular Economy, weitaus mehr als nur ein Trend: Relevanz für kleine und mittlere Unternehmen

Jeder Pro­dukt­her­stel­ler ein Leis­tungs­an­bie­ter, jedes Gebäude ein Roh­stoff­la­ger, jedes Elek­tro­fahr­zeug ein Ener­gie­spei­cher – so in etwa würde der Para­dig­men­wech­sel zu einer zir­ku­lä­ren Wert­schöp­fung aus­se­hen. Ein Modell der Pro­duk­tion und des Ver­brauchs, bei dem beste­hende Mate­ria­lien und Pro­dukte mög­lichst lange und inten­siv genutzt wer­den – geteilt, geleast, wie­der­ver­wen­det, repa­riert, auf­ge­ar­bei­tet, recy­celt wer­den. Nichts Neues und zugleich aktu­el­ler dann je, ange­sichts hoher Ener­gie­kos­ten, anfäl­li­ger Lie­fer­ket­ten, stei­gen­der Roh­stoff­preise, der schwie­ri­gen geo­po­li­ti­schen Lage sowie umwelt­be­wuss­ter Kun­den und Inves­to­ren.

Haus­halts­ge­räte mie­ten statt kau­fen (Blu­e­Mo­ve­ment),  Berufs­be­klei­dung im Abo-​​Modell mit Rundum-​​Service bezie­hen (Mewa), Gebäude digi­tal erfas­sen las­sen, Bau­ma­te­rial zurück­bauen und wie­der­ver­wen­den (con­cu­lar) oder modu­lar designte Smart­pho­nes unkom­pli­ziert repa­rie­ren und upgraden (Shift­Phone) – nur wenige Bei­spiele, die zei­gen, dass Kreis­lauf­wirt­schaft zugleich eine echte Chance für inno­va­tive Geschäfts­mo­delle dar­stellt. Was jedoch  viele Unter­neh­men noch unter­schät­zen ist, dass das Thema Cir­cu­lar Eco­nomy nicht bloß ein Mega­trend oder Zukunfts­mu­sik ist, son­dern mit einem immer kon­kre­ter wer­den­den Rechts­rah­men ver­bun­den ist, mit dem man sich rechts­zei­tig aus­ein­an­der­setz­ten sollte. Einige wenige Bei­spiele fas­sen wir an die­ser Stelle zusam­men.

Der Akti­ons­plan Kreis­lauf­wirt­schaft und der Euro­pean Green Deal

Der Über­gang zur Kreis­lauf­wirt­schaft steht im Mit­tel­punkt der umwelt­po­li­ti­schen Dimen­sion des Euro­päi­schen Green Deals und gilt als ele­men­ta­rer Bau­stein auf dem Weg zur Kli­ma­neu­tra­li­tät. Mit dem Akti­ons­plan Kreis­lauf­wirt­schaft vom März 2020 wird eine Viel­zahl legis­la­ti­ver und nicht-​​legislativer Initia­ti­ven ange­kün­digt, zu den Vor­schlä­gen gehö­ren die För­de­rung nach­hal­ti­ger Pro­dukte, die Unter­stüt­zung des grü­nen Wan­dels, die Über­ar­bei­tung der Bau­pro­duk­te­ver­ord­nung und eine Stra­te­gie für nach­hal­tige Tex­ti­lien.

Die Ökodesign-​​Verordnung und die Initia­tive für nach­hal­tige Pro­dukte

In die­sem Zusam­men­hang plant die Euro­päi­sche Kom­mis­sion, die bis­he­rige Ökodesign-​​Richtlinie von 2009 durch eine Ver­ord­nung zu erset­zen und hat dazu bereits im Jahr 2022 einen Vor­schlag vor­ge­legt, „um nach­hal­tige Pro­dukte in der EU zur Norm zu machen“. Die vor­ge­schla­gene Ver­ord­nung würde Regeln fest­le­gen, die für fast alle Pro­dukte im Bin­nen­markt gel­ten, von denen bis­her nur ener­gie­ver­brauchs­re­le­vante Pro­dukte wie Wasch­ma­schi­nen und Kühl­schränke erfasst wer­den. Die neuen Rege­lun­gen sol­len dar­auf abzie­len, die Pro­dukte lang­le­bi­ger, wie­der­ver­wend­bar, repa­rier­bar, auf­rüst­bar, recy­cel­bar und all­ge­mein weni­ger umwelt­schäd­lich zu machen. Die Ver­ord­nung würde Regeln für einen digi­ta­len Pro­dukt­pass, ein umwelt­freund­li­ches öffent­li­ches Beschaf­fungs­we­sen und ein Ver­bot der Ver­nich­tung unver­kauf­ter Waren umfas­sen.

Der Digi­tale Pro­dukt­pass

Alle wesent­li­chen Infor­ma­tio­nen zu Inhalts­stof­fen, Her­kunft, Zusam­men­set­zung, Repa­ra­tur– und Demon­ta­ge­mög­lich­kei­ten, ein­schließ­lich Optio­nen zum Recy­cling oder zur Ent­sor­gung am Ende der Lebens­dauer sol­len künf­tig in einem digi­ta­len Pro­dukt­pass aus­ge­wie­sen wer­den.  Ziel ist es, Ver­brau­che­rin­nen und Ver­brau­chern, aber auch Unter­neh­men fun­dierte Ent­schei­dun­gen zu ermög­li­chen und Behör­den ver­schie­dene Prü­fun­gen und Kon­trol­len zu erleich­tern. Aktu­ell ver­han­deln die euro­päi­schen Insti­tu­tio­nen über die genaue Aus­ge­stal­tung. Geplant ist, dass Infor­ma­tio­nen in ein über­grei­fen­des Sys­tem ein­ge­bet­tet wer­den und Schnitt­stel­len zwi­schen bereits beste­hen­den Daten­ban­ken Dopp­lun­gen ver­mei­den. Der Digi­tale Pro­dukt­pass kann, mög­lichst büro­kra­tie­arm umge­setzt, eine Art digi­ta­ler Zwil­ling wer­den, auf des­sen Basis inno­va­tive Pro­dukte und Ser­vices ent­wi­ckelt wer­den.

Das Recht auf Repa­ra­tur

Die Euro­päi­sche Kom­mis­sion hat am 22. März 2023 einen Vor­schlag zum Anspruch auf Repa­ra­tur („Right to Repair“) vor­ge­legt. Mit dem Vor­schlag wird sowohl inner­halb als auch außer­halb der gesetz­li­chen Garan­tie ein neues „Recht auf Repa­ra­tur“ für Ver­brau­cher ein­ge­führt. Der Vor­schlag sieht einen Anspruch auf Repa­ra­tur für Kun­den gegen­über Her­stel­lern für Pro­dukte, die nach EU-​​Recht tech­nisch repa­rier­bar sind und unter den Repa­ra­tur­stan­dards der Ökodesign-​​Verordnung fal­len, aktu­ell bspw. Wasch­ma­schi­nen oder Fern­seh­ge­räte. Die Her­stel­ler könn­ten selbst ent­schei­den, ob sie eine Repa­ra­tur kos­ten­los oder gegen Gebühr anbie­ten. Ein neues stan­dar­di­sier­tes For­mu­lar für Repa­ra­turin­for­ma­tio­nen soll ein­ge­führt wer­den, das Kun­den direkt beim Her­stel­ler anfor­dern kön­nen. Geplant ist außer­dem eine online Matchmaking-​​Reparaturplattform für Repa­ra­tur­be­triebe und Ver­brau­cher. Diese soll auf natio­na­ler Ebene ange­sie­delt sein und Her­stel­ler sol­len selbst ent­schei­den kön­nen, ob sie teil­neh­men wol­len.

Hil­fe­stel­lung für Unter­neh­men

Für den Über­gang zu einer Kreis­lauf­wirt­schaft sind Inno­va­tio­nen, Inves­ti­tio­nen in Mil­li­ar­den­höhe und ein Umden­ken spe­zi­ell beim Manage­ment von Lie­fer­ket­ten nötig. Bereits heute ste­hen KMU ver­schie­dene För­der­pro­gramme zur Ver­fü­gung, die For­schung und Ent­wick­lung oder betrieb­li­che Inves­ti­tio­nen für mehr Res­sour­cen­ef­fi­zi­enz und Kreis­lauf­wirt­schaft unter­stüt­zen, an die­ser Stelle eine Aus­wahl. Aktu­elle Infor­ma­tio­nen über Com­pli­ance und Regu­lie­rung, Ansprech­part­ner und Ver­an­stal­tungs­tipps bie­tet die The­men­seite Kreis­lauf­wirt­schaft der IHK Darm­stadt.

 

Ansprech­part­ne­rin:

Velina Schmitz
Refe­ren­tin IHK Hes­sen inno­va­tiv

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