4.0 à la carte oder Liebe geht nicht nur durch den Magen, Teil 2
Was ist eigentlich Industrie 4.0, und was sind die vier Quadranten der Veränderung?
Dass Industrie 4.0 der Kulturwandel an sich ist, basierend auf der Digitalisierung aller Prozesse, wurde schon im Blog vom 31. Januar dargestellt. Heute nehme ich zu den vier Quadranten der Veränderung Stellung. Diese werden Sie in Ihrem Unternehmen bei einem Industrie 4.0 Projekt bedienen:
- Technik, Technologie und Kooperationen
- Vernetzung der Daten, Prozesse und Menschen
- Wertschöpfung und Geschäftsmodelle
- Kulturwandel, Veränderungen in der Führung
Als Beispiel möchte ich Ihnen ein Maschinenbau Unternehmen (KMU) vorstellen, das exemplarisch sein Produkt / Produktionsmaschine mit Industrie 4.0 Ideen und Digitalisierung modernisierte, um weiterhin wettbewerbsfähig am Markt für die nächsten Jahre bestehen zu können und dem asiatisch geprägten Preisdruck einiges entgegen zu setzen.
Technik, Technologie und Kooperationen
Von der ersten Betrachtung her eine ganz klar technische Aufgabe. Modernisierung einer Maschine heißt, neueste Technik und Baugruppen in eine Produktionsmaschine zu integrieren. Es wurden Sensoren zur Überwachung eingebaut, Intelligenz in die Antriebseinheiten integriert, Netzwerkanbindungen geschaffen und neben einer App und Touch-Bedienung direkt eine Fernwartung integriert. Hilfesysteme lassen nun die Maschine mit ihrem Umfeld und dem Bediener kommunizieren. Erwartungsfroh dem Erfolg entgegensehend.
Vernetzung der Daten Automatisierung, Prozesse und Menschen:
Auch dieser Bereich war naheliegend, denn das Hilfesystem wurde mit bestehenden Erfahrungen vernetzt. Die generelle Maschinenüberwachung und Fernsteuerung erforderte eine Vernetzung kombiniert mit den standardisierten Fernwartungs-Systemen. Im Rahmen des Projektes wurde in einer weiteren Stufe die Vernetzung von Vertrieb, Technik und Global Service vorgenommen. Aus einer Produktionsmaschine wurde ein Kunden-Bindungselement. Hier lag die erste Abweichung gegenüber der Annahme, es sei ein rein technisches Projekt. Die Erkenntnis, eine vernetzte Maschine braucht ein vernetztes Unternehmen, war die erste herausfordernde Erkenntnis auf dem Weg zum Erfolg.
Wertschöpfung und Geschäftsmodelle
Aus dem technischen Umfeld entstand die anfängliche Annahme, dass die Kunden eine derart moderne Maschine motiviert abnehmen würden und nahezu automatisch ein Mehrumsatz entstünde. Die harte Wahrheit, „Technik die begeistert“ verursachte keinen zusätzlichen Umsatz. Deshalb wurden für jedes Kundensegment Nutzen– und Finanzierungsmodelle erarbeitet und mit der neuen Maschine im Paket offeriert. Über für das Unternehmen neuartige Geschäftsmodelle und intensives After-Sales Geschäft wird nun die Wertschöpfung von dem reinen Maschinengeschäft bewusst auf das After Sales Geschäft verlagert. Die neue, individualisierte Kundenansprache wurde dabei auf das Lösen bestehender und bekannter Kundenprobleme abgezielt und weniger auf die technische Abgrenzung zu aktuellen Marktbegleitern. Dieses war die zweite dramatische Veränderung gegenüber der bisherigen Herangehensweise.
Kulturwandel, Veränderungen in der Führung
Die schmerzlichste Erkenntnis und damit auch der schwierigste Wandel betraf jedoch das Feld der eigenen Unternehmenskultur und der Führung im Unternehmen. Am Anfang stand die Erkenntnis, „Ich bin nur dann erfolgreich, wenn ich authentisch bin“. So einfach dieser Satz, so bedeutsam ist er in seiner Anforderung an das Unternehmen. Da die neue Maschine für Transparenz und „Verbindlichkeit“, für Prozesse und Kooperation steht, kann dieses nur dann glaubhaft an potentielle Kunden vermittelt werden, wenn diese Werte spürbar im Unternehmen gelebt werden. Dies hieß aber zu reflektieren, woran ein außenstehender Kunde erkennen kann, dass die Themen „Transparenz, Verbindlichkeit, Prozesse und Rolle, Kooperation“ gelebte Werte im Unternehmen sind und keine leeren Pralinen auf Imagebroschüren. In dem vorher intensiv familiär geführten Unternehmen wurden so nicht nur harmonisiert Prozesse und Kennzahlensysteme eingeführt sondern ebenfalls ein mehr an Transparenz zur Auftrags– und Preisgestaltung mit den Kunden etabliert. Die Abhängigkeit von Leistungsmerkmalen der Maschine und potentiellen Lieferterminen ist nun ebenso gelebte Praxis wie eine neu eingeführte Fehlerkultur vom Vertrieb über Technik und Produktion bis zum Service.
Bei allem Schweiß, der an den heißen Pfannen und Töpfen während des Kochens entstand, so wohlschmeckend ist nun der Genuss beim Essen. Gekocht wurde dabei parallel auf drei Leveln. So gab es die operative Ebene, die für die Maschine selber zuständig war. Es gab die strukturelle Ebene, die für das Schaffen und Bereitstellen der Rahmenbedingungen verantwortlich zeichnete und die strategische Ebene, die immer wieder die Neuausrichtung des Unternehmens legitimierte und trotz Unruhe konsequent am Kurs der Veränderung festhielt und ihn vorbildlich mitgestaltete.
Zum Nachtisch trat dann der Erfolg ein, der nur durch den ganzheitlichen Ansatz ermöglicht wurde. Gerne dürfen auch Sie Lust auf diesen Genuss haben und in den Rezepten schmökern, um demnächst Ihre Lieblingsspeise zu kreieren.
Viele Grüße aus der Küche der Veränderung
Ihr Olav Birlem
Innovation & Consulting
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