Emissionen rückgängig machen, Beton aufwerten und das Klima schonen
Dank der Technologie des ETH–Spin-Offs Neustark können Beton-Recyclingwerke Kohlendioxid dauerhaft im Beton einlagern.
Die beiden Gründer Gutknecht und Tiefenthaler weisen beide auf einen wesentlichen Aspekt ihres neuen Verfahrens hin: Mit ihrem Trick, Kohlendioxid aus der Luft zu holen und es in die Poren eines Betongranulats zu stopfen und dort als Kalkstein dauerhaft zu binden, können sie CO2–Emissionen rückgängig machen. «Es gibt nur ganz wenige technische Ansätze für echte negative Emissionen», sagt Tiefenthaler. Die Anwendung dieser Ansätze hält sich bislang in Grenzen, insbesondere weil überzeugende Anreiz– und Geschäftsmodelle fehlen. «In dieser Hinsicht ist unser Vorgehen einmalig, weil wir zeigen, dass sich mit dem Binden von Kohlendioxid ein Mehrwert schaffen lässt. Und dass negative Emissionen nicht nur Kosten, sondern sogar einen wirtschaftlichen Gewinn bringen können», sagt Gutknecht.
«Im Baubereich wird zwar viel geforscht, trotzdem hat die Industrie bisher nur kleine Emissionsreduktionen erzielt, weil ein grosser Teil der Erkenntnisse schubladisiert wird und nicht zur Anwendung gelangt», sagt Tiefenthaler. «Ich möchte meine Energie, die ich in mein Doktorat stecke, verwenden, um etwas zu bewirken».
Schon während seiner Masterarbeit hat sich Tiefenthaler mit verschiedenen Möglichkeiten beschäftigt, wie man Kohlendioxid mit mineralischen Stoffen reagieren lassen und als Kalkstein binden kann. Der Clou von Neustarks Technologie: Sie bindet CO2 in den Poren und an der Oberfläche von Betongranulat als Kalkstein. Dieses aufgewertete Granulat kann nun als Sand– und Kiesersatz in frischen Beton gemischt werden. Dank dem aufgewerteten Granulat benötigt man dafür weniger Zement – bei gleichbleibenden Eigenschaften.
«Mich hat gereizt, dass die Lösung nicht erst in fünf oder zehn Jahren, sondern schon jetzt greifbar ist», sagt der zweite Jungunternehmer, der Ökonom Valentin Gutknecht.
Das Kohlendioxid soll von einer Biogas-Auftrennungsanlage des Abwasserreinigungswerk Arabern in Herrenschwanden (Schweiz) kommen. Mit diesem (für den Transport verflüssigten) Kohlendioxid behandelt Neustark in seiner Pilotanlage den Betonbruch.
Die weltweite Zementproduktion entlässt etwa viermal so viel Kohlendioxid in die Luft wie der gesamte globale Flugverkehr. Wenn die Technologie von Neustark also hilft, den Zementbedarf im Bauwesen zu senken, verbessert sich dessen CO2–Bilanz, weil ein Teil der Emissionen aus der Herstellung vermieden werden kann.